Foto: © Robert Wimmer

INTERVIEW Wiener Zeitung, Printausgabe 23. Februar 2019

»Theater ist immer ein Spiegel seiner Zeit«

Christine Dobretsberger im Gespräch mit Erika Pluhar und Anna Dangel

"Seelenverwandte" Teil 5: Die Schauspielerinnen Erika Pluhar, die am 28. Februar 80 Jahre alt wird, und Anna Dangel über alte und junge Seelen, Ehrlichkeit im Umgang - und über die unterschiedlichen Bühnenwelten von einst und heute.

"Wiener Zeitung": Frau Pluhar, ich war überrascht, dass Sie sich die junge Schauspielerin Anna Dangel als Gesprächspartnerin gewünscht haben.

Erika Pluhar: Vorweg muss ich sagen, dass ganz enge seelenverwandte Freundinnen schon gegangen sind. Wenn man alt wird, verliert man Menschen, die einem sehr viel bedeutet haben. Das ist eigentlich ein sehr trauriger Aspekt des Älterwerdens.

Wie kam es nun zu dieser besonderen Freundschaft mit Anna Dangel?

Pluhar: Ziemlich bald nach dem Tod meiner Tochter Anna machte ich eine Lesung. Danach habe ich Bücher signiert und ein kleines, 16-jähriges Mäderl kommt zu mir, hält mir ein Buch hin und sagt: Bitte für die Anna! Das war irgendwie so bewegend für mich. Es war das erste Mal nach Annas Tod, dass der Name Anna von einem so ganz jungen Menschen genannt wurde. Das war der Einstand.

Wie lange ist das nun her?

Anna Dangel: 14 Jahre.

Sie sind 1988 geboren und waren somit elf Jahre alt, als Frau Pluhar ihre Schauspielkarriere beendet hat. Es ist wohl eher unwahrscheinlich, dass Sie Erika Pluhar je am Burgtheater live erlebt haben.

Dangel: Ich wusste zu dem Zeitpunkt im Grunde überhaupt nichts über die Erika. Dass ich bei dieser Lesung war, kam so zustande: In der Bibliothek meines Onkels fiel mir André Hellers Fotoband "Bilderleben" in die Hände. Mein Onkel und seine Lebensgefährtin sind große Heller-Fans. Und in diesem Buch war auch ein Foto von Erika drinnen und ich dachte mir: cool! Dann schenkte mir mein Papa das Buch "Reich der Verluste", das damals gerade von ihr erschienen war, und ich wurde dann auch zu einer Lesung von ihr in der Galerie Westlicht eingeladen. Mein erster Gedanke war, naja gut, eine Lesung . . .

Pluhar: . . . ist vielleicht furchtbar fad . . .

Dangel: Aber dann hat es mir gut gefallen und ich habe mir gedacht, ich möchte mit ihr reden, möchte sie kennenlernen und habe mir eben das Buch signieren lassen. Ein paar Tage später habe ihr dann einen Brief geschrieben, dass ich das Buch und die Lesung super fand. Ich habe vom ersten Moment an das Gefühl gehabt, dass ich mit ihr in Kontakt bleiben möchte.

Und Sie haben auf diesen Brief reagiert . . .

Pluhar: Scheinbar! Ich weiß jetzt gar nicht mehr so genau, wie das Schritt für Schritt gegangen ist. Jedenfalls hat Anna dann auch Konzerte besucht, hat meine Lieder kennengelernt. Irgendwie hat es uns zueinander geschwappt.

Abgesehen vom selben Vornamen - hat Anna Dangel Sie in irgendeiner Weise an Ihre Tochter erinnert?

Pluhar: Sie war mir halt sofort als junger Mensch unglaublich sympathisch, weil sie interessiert war, neugierig war. Wir sind uns auch ein bissl ähnlich, so etwas spürt man gleich.

weiterlesen: Wiener Zeitung

 

zurück « » Seitenanfang