© Robert Wimmer
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INTERVIEW Wiener Zeitung, Printausgabe 11. Oktober 2020
»Mich reizen neue Herausforderungen«
Christine Dobretsberger im Gespräch mit Alexandra Meixner
Die Ultratriathletin und Frauenärztin über die Lust am Extremsport, die Freude am Training - und was sie von der #MeToo-Bewegung hält.
"Wiener Zeitung": Frau Meixner, Sie haben im Laufe Ihrer Karriere schon zahlreiche Weltrekorde bei Ultratriathlon-Bewerben aufgestellt und sind die wohl ausdauerndste Athletin Österreichs. Unter anderem haben Sie es geschafft, an 20 aufeinanderfolgenden Tagen jeweils eine Ironmandistanz zu absolvieren, sind also 20 Tage in Folge 3,8 km geschwommen, 180 km Radgefahren und 42,2 km gelaufen. War das Ihr bisher härtester Wettbewerb?
Alexandra Meixner: Ultratriathlons gibt es in zwei Varianten, zum einen die von Ihnen angesprochenen One-per-day-Variante und zum anderen die "Klassik-Variante", wo die Schwimm-, Rad- und Laufdistanzen zusammengefasst werden. Der Deca Ultratriathlon continous in der "Klassik-Variante" war für mich bisher der anstrengendste Bewerb, nach 38 Schwimm- und 1.800 Radkilometern noch 422 Kilometer zu laufen, war sehr hart.
Noch anstrengender als das Race Across America, das als das härteste Radrennen der Welt gilt und das Sie als erste Österreicherin gemeistert haben?
Ja, weil man beim Radfahren im Gegensatz zum Laufen nicht die ganze Zeit das Körpergewicht auf den Gelenken hat. Deshalb hätte es mich unheimlich gereizt, heuer in New Orleans den 20-fachen Ultratriathlon in der "Klassik-Variante" zu probieren, also 76 km zu schwimmen, 3.600 km zu radeln und 844 km zu laufen, aber da ist leider die allgemeine Lage, sprich die Corona-Krise, dazwischengekommen.
Was ist Ihre Hauptmotivation, dass Sie sich diesen extremen Herausforderungen stellen?
Ich liebe das Training! Der Wettbewerb ist für mich eigentlich nur die Krönung, um zu sehen, ob ich meinen Körper so gut vorbereitet habe, dass ich an diese Grenze gehen kann. Andere Athletinnen und Athleten trainieren auf ein ganz bestimmtes Ziel hin, ich stecke mir ein Ziel, um zu sehen, fruchtet mein Training?
Es geht Ihnen also in erster Linie um das Ausloten Ihrer Kräfte?
Mich reizen neue Herausforderungen. Für mich steht nicht im Vordergrund, Bestzeiten zu unterbieten, sondern ich will beispielsweise wissen, wie es sich anfühlt, wenn man von der Westküste der Vereinigten Staaten zur Ostküste radelt. Christoph Strasser (sechsfacher Sieger des Race Across America, Anm.) sagte einmal zu mir, dass er sich wundert, wie jemand mit so viel Spaß und "Leichtigkeit" die Strapazen eines solchen Wettbewerbs in Angriff nehmen kann.
Im Vorjahr sind Sie mit dem Fahrrad in neun Tagen und 12 Stunden 4.000 Kilometer von Perth nach Sydney gefahren. Diese Zeit ist beim Race Across Australia nun auch als Weltrekord registriert. Wie viel Zeit blieb da für Schlaf?
Rund eineinhalb Stunden pro Nacht. Der Schlafmangel war letztlich die größte Herausforderung.
Da drängt sich natürlich die Frage auf, wie man das aushält: kaum Schlaf und extreme körperliche Belastungen.
Christoph Strasser formulierte das einmal so: Ein Drittel macht der Kopf, ein Drittel der Körper und ein Drittel das Team - wobei ich glaube, dass das Team manchmal sogar noch mehr dazu beiträgt, zumal es im Laufe des Rennens Phasen gibt, in denen man mental ganz besonders viel Unterstützung benötigt.
Wie viele Frauen gibt es weltweit, die solche extremen Distanzen in Angriff nehmen?
Mit der Zeit werden es mehr. Bei meinem ersten Race Across America waren wir, die es ins Ziel geschafft haben, zu zweit, fünf waren am Start. 2019 starteten sechs Athletinnen und fünf schafften es ins Ziel. Wenn ich gefragt werde, warum ich das mache, beziehungsweise weshalb der Frauenanteil bei diesen Bewerben sehr gering ist, sage ich immer, dass ich nicht besser bin als andere, aber vielleicht ein bisschen mutiger. Und wie gesagt, ohne Betreuung wären all diese Weltrekorde nicht möglich gewesen.
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