© Peter Jungwirth

INTERVIEW Wiener Zeitung, Printausgabe 28. Juni 2023

»Die ,Wiener Zeitung‘ war immer ein Türöffner«

Gerald Schmickl im Gespräch mit Christine Dobretsberger und Saskia Blatakes

Sie haben die meisten Interviews für uns geführt: Christine Dobretsberger, Saskia Blatakes und Dagmar Weidinger übers Interviewen.

"Wiener Zeitung": Ihr beide seid, neben Dagmar Weidinger (siehe Gespräch mit ihr unten im Anschluss), diejenigen, die die meisten Interviews auf dieser schönen langen Strecke bei uns geführt haben. Glaubt ihr, dass es ein Zufall ist, dass es hier eine deutlich stärkere Beteiligung an Interviewerinnen gab, oder kann es sein, dass diese Art von Gesprächen generell eher ein weibliches Genre ist?

Christine Dobretsberger: Ich kann nur aus meiner Erfahrung sprechen. Ich möchte mit diesen Interviews möglichst stimmige Porträts zeichnen. Der Eindruck, den ich von einem Menschen in der persönlichen Begegnung gewonnen habe, soll sich auch im Text widerspiegeln. Das gelingt umso besser, je mehr man sich in die Gedanken- und Lebenswelt seines Gegenübers hinzuversetzen vermag. Vielleicht sehen andere Interviewerinnen das ähnlich.

Saskia Blatakes: Ich denke, es könnte auch Zufall sein, dass diese Interviews in der Mehrzahl von Frauen geführt wurden.

Was sind, eurer Erfahrung nach, die entscheidenden Voraussetzungen dafür, dass es zu einem guten Gespräch kommt?

Blatakes: Sich genügend Zeit zu nehmen, ist ganz wichtig, damit sich das, was diese Person denkt und zu sagen hat - also ihre Erfahrungen und fachliche Expertise -, herauskristallisieren kann. Das klingt so einfach, aber es braucht manchmal eben wirklich Zeit, bis die interessanten Themen und Gedanken geäußert werden.

Dobretsberger: Man muss versuchen, eine Gesprächsatmosphäre zu schaffen, in der das Gegenüber das Gefühl hat, jetzt möchte ich gerne offenherzig aus meinem Leben erzählen. Mein Eindruck ist, je weniger ich forciere, desto mehr geben meine Gesprächspartner von sich preis.

Nach welchen Kriterien habt ihr eure Interviewpartnerinnen und -partner ausgewählt?

Dobretsberger: In erster Linie sind es Persönlichkeiten, die ich - aus unterschiedlichen Gründen - schätze und wo ich die Vermutung hatte, dass ein interessantes Gespräch entstehen könnte. Mit denjenigen Menschen in Kontakt treten zu dürfen, die man immer schon gerne persönlich kennenlernen wollte, zählt sicherlich zu den schönsten Facetten dieses Berufes.

Blatakes: Ich bin eher nach Themen vorgegangen, habe mir überlegt, worüber ich zur Zeit viel nachdenke oder mit meinen Freunden diskutiere. Dann habe ich geschaut, wer könnte etwas dazu sagen?

Christine, bei dir gibt es eine starke Affinität zur Kulturszene, was wohl damit zu tun hat, dass du schon lange in diesem Genre journalistisch tätig bist.

Dobretsberger: Ja, ehe ich mich selbständig gemacht habe, war ich von 1997 bis 2004 Kulturredakteurin der "Wiener Zeitung" - und der Konnex zur Kultur ist geblieben. Ich habe nicht mitgezählt, aber es waren sicherlich weit über 100 Interviews, auch mit Künstlern und Bühnenstars, die heute leider nicht mehr am Leben sind, u.a. Louise Martini, Renate Holm, Christa Ludwig, Arik Brauer, Peter Matić, Elfriede Ott, Toni Böhm, Roland Rainer, Gustav Peichl, Friederike Mayröcker, Milo Dor, Peter Simonischek - die Liste ist lang...

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