Fotos © Robert Wimmer
|
INTERVIEW Wiener Zeitung, Printausgabe 27. Oktober 2012
»Kino muss schwarz sein«
Christine Dobretsberger im Gespräch mit Peter Kubelka
Der Filmemacher und Kunstexperte Peter Kubelka spricht über die Materialität und Körperlichkeit des Mediums Film
"Wiener Zeitung": Herr Kubelka, im Zuge der diesjährigen Viennale wird es am 27. Oktober zur österreichischen Premiere Ihrer neuen filmischen Arbeit "Antiphon" kommen. Das Werk ist als exaktes Gegenstück Ihres 1960 uraufgeführten, rund sechsminütigen Filmes "Arnulf Rainer" konzipiert. Was konkret darf man sich darunter vorstellen bzw. weshalb ist Ihnen "Arnulf Rainer" offensichtlich so wichtig, dass Sie sich abermals mit diesem Film befassen wollten?
Peter Kubelka: Der Film "Arnulf Rainer" ist mir deshalb so wichtig, weil er mir Ende der 1950er Jahre dazu gedient hat, zu den essenziellen Elementen des Films vorzudringen. Das Einfachste, das Essenzielle, das den Film ausmacht, ist Ton und Schweigen, Licht und Dunkelheit. Dieser Film ist metrisch gestaltet, d.h. ich habe das Prinzip, welches die Menschen schon früh im Kosmos erkannt haben, nämlich dass sich alles wiederholt, dass die Gestirne kreisen, das Herz rhythmisch schlägt, das Jahr sich zyklisch erneuert - diese Erkenntnisse habe ich übernommen und für den Film ins Visuelle übertragen. In der Musik gab es dieses Ebenmaß schon sehr lange.
In der Architektur ebenfalls.
Ja, das waren auch meine Vorbilder. Ich wollte den Film von dieser Knechtschaft des Geschichtenerzählens befreien. Der Film ist immer noch eine Nachahmung des Melodrams des 19. Jahrhunderts. Man sieht verkleidete Menschen, die etwas darstellen sollen. Hierfür sprechen sie einen Dialog, den man für sie geschrieben hat, und dazu spielt eine Musik, die die Gefühle steuern soll, die man als Zuseher haben soll. Das ist etwas, das in meinen Augen sehr wenig mit Film zu tun hat. Das kann man zwar machen, aber damit kommt man niemals dorthin, wo der Film seine stärksten Möglichkeiten hat.
Was sind Ihrer Ansicht nach die stärksten Möglichkeiten des Films?
Die Aufsprengung der Zeit in kleinste Elemente, nämlich in 24stel Sekunden. Und die Möglichkeit, diese 24stel Sekunden zu steuern, zu bearbeiten und dann konzentriert in der Zeit abzuspielen. Das ist die Großartigkeit, die der Film zur Schar der anderen Medien dazu gebracht hat, diese Möglichkeit, das visuelle Feld 24 Mal in der Sekunde zu definieren.
weiterlesen: Wiener Zeitung
|