© Eva Wahl
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INTERVIEW Wiener Zeitung, Printausgabe 24. Oktober 2014
»Älterwerden ist etwas Wunderbares«
Christine Dobretsberger im Gespräch mit Bibiana Zeller
Die Schauspielerin Bibiana Zeller spricht über die Probleme des Burgtheaters, ihre Erfahrungen mit diversen Direktoren, die heftigen Reaktionen auf die einstige TV-Serie "Kottan ermittelt" - und die vielen Vorzüge des kürzlich verstorbenen Joachim Fuchsberger.
"Wiener Zeitung": Frau Zeller, Sie sind seit über 40 Jahren Ensemblemitglied des Burgtheaters. Wie geht man innerhalb der Kollegenschaft mit der öffentlich geführten Debatte rund um den Burgtheater-Finanzskandal um?
Bibiana Zeller: Mich schmerzt das sehr! Ich habe Hartmann persönlich nicht gut gekannt, aber er hat mir sehr imponiert, weil er wahnsinnig viel gearbeitet hat. Er war - neben Peymann - der interessierteste Direktor, den man sich vorstellen kann. Wenn er nicht gerade bei einem Stück Regie geführt hat, saß er abends in den Vorstellungen. Er war engagiert und mitarbeitend, und zwar gut mitarbeitend! In künstlerischer Hinsicht hat Hartmann eine gute Atmosphäre verbreitet.
Die gegenseitigen Schuldzuweisungen für die finanzielle Misere sind derzeit voll im Gange. . .
Die Anwälte haben jetzt eine Spielwiese vorgefunden, auf der sie endlich einmal machen dürfen, was sie wollen. Mehr kann und will ich zu diesem Thema nicht sagen, wenngleich die Art und Weise wie mit Silvia Stantejsky (ehemalige kaufmännische Geschäftsführerin des Burgtheaters, Anm.) umgegangen wird, absolut nicht in Ordnung ist. Ich kenne sie seit Jahrzehnten und habe sie immer als ausgesprochen verantwortungsvollen und hilfsbereiten Menschen kennen gelernt. Sie hatte immer ein offenes Ohr für die Schauspieler.
Sie haben im Laufe der Jahre mit Gerhard Klingenberg, Achim Benning, Claus Peymann, Klaus Bachler, Matthias Hartmann und Karin Bergmann bereits ein halbes Dutzend Direktoren erlebt. Welche Ära war für Sie bisher die spannendste?
Klaus Bachler war für mich toll. Er hat mir unglaublich viel geschenkt an wunderbaren Aufgaben und Rollen.
Wenn man Ihr Rollenverzeichnis studiert, würde man eher vermuten, dass dies unter der Direktion Peymann der Fall war, nicht zuletzt aufgrund Ihrer Mitwirkung in den Thomas Bernhard-Uraufführungen "Heldenplatz" und "Der Theatermacher"?
Peymann war amüsant und konnte einen Tag und Nacht unterhalten! Er ist in seiner Lebendigkeit und mit seinen Späßen uferlos. Peymann war ein absolut Besessener und hat alles auf den Kopf gestellt. Weil Sie die Uraufführungen ansprechen: Auch Thomas Bernhard war kein einfacher Mensch.
Kannten Sie ihn persönlich?
Ich begegnete Thomas Bernhard bereits 1960. Damals führten wir in Maria Saal im Theater am Tonhof sein allererstes Stück, das Kurzdrama "Die Erfundene", auf. Ich spielte die "Erfundene", Herbert Wochinz führte Regie. Bernhard schaute ab und zu bei den Proben vorbei, was so gut wie nie ohne Konflikte über die Bühne ging.
Wem verdanken Sie nun Ihre Rollen in den Bernhard-Uraufführungen am Burgtheater: Claus Peymann oder Thomas Bernhard?
Da haben wir oft auf der Hintertreppe gestritten, wer mir das angetan hat! Beide Rollen waren ja nur klein, aber ich habe das letztlich gerne gemacht.
Wie gehen Rollen-Besetzungen generell vonstatten? Was steht im Mittelpunkt - die künstlerische Qualität?
Das glaube ich nicht. Das ist jetzt meine persönliche Meinung, dass ich sage, auf künstlerische Qualität wird so gut wie kein Wert gelegt. Sondern: Bin ich im Büro erfolgreich oder nicht? Die Ausbrüche der männlichen Kollegen kenne ich nicht, aber in früheren Zeiten habe ich es mehr als ein Mal erlebt, dass Kolleginnen weinend auf der Türmatte des Direktionsbüros gekniet sind und um eine Rolle gefleht haben. Da habe ich mir gedacht: Die sind ja nicht bei Trost! Ich könnte so etwas nicht machen. Diese im Körper und Geist verankerte unglaubliche Gier nach großen Rollen und schauspielerischer Bedeutung kenne ich nicht. Das entspricht nicht meiner Veranlagung.
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