Fotos © Robert Wimmer

INTERVIEW Wiener Zeitung, Printausgabe 17. September 2011

»Die wirklich Bösen werden nie erwischt«

Eva Rossmann im Gespräch mit Christine Dobretsberger

Die Journalistin und Krimi-Autorin Eva Rossmann über Gemeinsamkeiten zwischen ihr und ihrer Ermittlerin Mira Valensky, die Unterschiede zwischen Recht und Gerechtigkeit - und über den Zusammenhang von Schreiben und Kochen.

Wiener Zeitung: Frau Rossmann, Ihr neuer Krimi, "Unterm Messer", handelt von Schönheitswahn, Anti-Aging-Forschung und Schönheitschirurgie. Gab es für Sie einen konkreten Anlass für diese Themenwahl?

Eva Rossmann: In erster Linie hat es damit zu tun, dass ich immer mehr Frauen kenne, die sich schönheitsoperieren lassen. Und ich habe mir nie vorstellen können, dass das jemand in meinem persönlichen Umfeld tatsächlich machen lässt. Für mich wäre so etwas unvorstellbar. Das hat auch damit zu tun, dass ich unglaublich feig bin. Ich will mir schon keine Spritze geben lassen, geschweige denn, dass ich mir ohne absolute Notwendigkeit mit einem Messer ins Gesicht schneiden ließe. Allein bei diesem Gedanken bekomme ich Gänsehaut.

In Ihrem neuen Buch kommen auch Gen-Doping und andere Experimente, die zu einer Verlangsamung des Alterungsprozesses führen sollen, zur Sprache.

Das hat sich im Rahmen meiner Recherchen ergeben. Davor wusste ich überhaupt nicht, dass Pharmakonzerne derzeit massiv erforschen, wer das erste patentierbare Mittel für ein verlängertes Leben auf den Markt bringt. Und das ist natürlich ein Milliardengeschäft. Klar, wer kauft sich so etwas nicht, wenn es nicht allzu gefährlich ist?

Wie weit sind diese Forschungen fortgeschritten?

Das ist am Laufen - und interessanterweise sehr unbemerkt von der Öffentlichkeit. Ich habe mich von einem Genetikprofessor beraten lassen, der meint, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis man zu konkreten Resultaten kommt. Aber bei Tierversuchen ist es so, dass beispielsweise Mäuse bereits doppelt so lange leben, wenn man sie mit entsprechenden Gensubstanzen füttert. Das heißt, man kann tatsächlich etwas dafür tun, dass die Zellen weniger schnell altern, was mit sich bringt, dass man länger jung bleibt und tatsächlich länger lebt.

Was sich auch aufs Äußere auswirken würde.

Genau. Das war für mich auch Anlass zu überlegen, was es in unserer Gesellschaft eigentlich bedeutet, immer jugendlich wirken zu müssen, beziehungsweise ständig fit und leistungsfähig zu sein. Alles dreht sich vermehrt ums Optische. Aber was sind das für Werte? Und wer redet uns diese Werte ein? Ich habe keine restlosen Antworten darauf, aber ich denke mir, es macht Sinn, hinzuschauen. Und Schönheitswahn und Jugendkult sind natürlich Themen, die man sehr gut aufs Äußerste, nämlich auf Leben und Tod zuspitzen kann. Und in all meinen Krimis läuft es natürlich darauf hinaus. Gleichzeitig geht es mir immer um den schönen Schein - und das, was dahinter lauert. Und schöner geht es nicht in diesem Zusammenhang.

Wieviel Vorarbeiten waren notwendig, um dieses Buch zu schreiben? Als Leser wird man ja intensiv in die Welt der Gene und Anti-Aging-Forschung entführt.

Die Recherche hat schon einige Monate gedauert.

Wie darf man sich die Entstehung Ihrer Krimis vorstellen? Haben Sie die Story von Anbeginn von A bis Z im Kopf?

Von A bis Z wäre ein bisschen zu viel gesagt. Ich recherchiere sehr gründlich und aus diesen Recherchen entwickelt sich zuerst einmal ein Grundgefühl für das Thema. Ohne dass ich etwas aufschreibe, überlege ich mir: Wer könnte Opfer, wer könnte Täter sein? Und wenn ich diese Fragen beisammen habe, lasse ich alles ein bisschen setzen. Danach schreibe ich einen Handlungsfaden, skizziere Kapitel für Kapitel, und wenn das fertig ist, schaufle ich mir Zeit frei. Ab diesem Zeitpunkt widme ich mich ausschließlich dem Schreiben, und zwar von früh bis spät. Diese Phase dauert nicht länger als einen Monat, dann ist die Rohfassung fertig. Das nächste halbe Jahr besteht dann im Überarbeiten.

Besprechen Sie vorher mit jemandem den Plot des neuen Buches?

Nein, mit niemandem, auch nicht mit meinem Mann. Ich verrate nur das Thema, um das es geht.

Mira Valensky, die Protagonistin Ihrer Krimis, ähnelt in vielen Bereichen Eva Rossmann.

Ja, wir teilen uns einiges in der Biographie. Sie ist gleich alt wie ich, das finde ich gut, so altern wir gemeinsam. Wir haben Gismo, die Katze, die es tatsächlich gibt. Wir kochen und essen beide gerne, haben beide Jus studiert, sind neugierig . . .

(Interview-Auszug)

 

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